Heft 2 / 2008: "offenes Heft"

Paul Scheibelhofer / Alexander Pollak

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Trickfilme als Medien kindlicher und jugendlicher Wahrnehmungswelten

Der Beitrag beschäftigt sich anhand der Analyse eines einzigartigen Quellenkorpus mit kindlichen und jugendlichen Lebens- und Wahrnehmungswelten. Im Zuge eines vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten interdisziplinären Projekts wurden der Produktionsprozess, die Inhalte und das semiotische Gefüge von Trickfilmen untersucht, die von Mädchen und Buben im Wiener Zoom Kindermuseum produziert wurden. Aufbauend auf einem handlungstheoretischen Verständnis von Medienproduktion und -konsumption untersuchen wir, wie die jungen FilmemacherInnen das Medium Trickfilm nutzen, um über Filmgeschichten und Darstellungsformen Bedeutungszusammenhänge zu kreieren. Darüber hinaus werden die Kommunikationsstrategien analysiert, die sich sowohl im Prozess der Filmproduktion als auch in den Filmen selbst finden lassen. Der Artikel arbeitet auch filmische Erzählstrategien heraus und zeigt auf, wie gesellschaftliche Ordnungsstrukturen und ihre Übertretung thematisiert wurden.

Animated Cartoons as Media of Perception for Children and Youths

The article analyses unique source materials for getting an insight into life worlds and perceptions of children and youths. Based on an interdisciplinary project funded by the Austrian Science Fund (FWF), we investigate the production process, the content as well as semiotic elements of animated cartoons produced by children at the Vienna Zoom Children’s Museum. Leveraging on an action theory approach to media production and consumption, we analyse how the young filmmakers use animated cartoons to establish and communicate meaning via storyline and representational practices. Both, the processes of film production and the films themselves, are used as data for these communication strategies. Narrative strategies in the films as well as topics connected to social order and its violation are discussed in the final analysis.

Lukas Mitterauer / Julia Hertlein / Thomas König

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»Doktorat neu« – Analyse der Ausbildungssituation des sozialwissenschaftlichen Nachwuchses an der Universität Wien und weiterführende Reformvorschläge

Das Doktoratsstudium ist in den letzten Jahren zunehmend ins Blickfeld gelangt: Es steht im
Schnittpunkt zweier aktueller politischer Debatten: die erste betrifft den steigenden Bedarf an qualifizierten NachwuchsforscherInnen, die zweite die grundlegende Umstrukturierung des europäischen Hochschulraums durch den so genannten »Bologna-Prozess« (Vergleichbarkeit der europäischen Studienabschlüsse, Anpassung an die dreigliedrige Studienarchitektur). Für eine sinnvolle Neugestaltung des Doktorats an der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Universität Wien wurden im Jahr 2007 empirische Daten in einer Online-Befragung unter aktuell studierenden DoktorandInnen erhoben. Ausgehend von den Befragungsergebnissen beschreibt der Artikel die Folgen für die (Neu-) Gestaltung des Studienzugangs, der Studieninhalte, der notwendigen Unterstützungs- und Informationsangebote und der Finanzierung eines »Doktoratsstudiums neu«. Eckpunkte sind die Erhaltung der Vielfalt beim Zugang zum Doktoratsstudium, der Ausbau eines auf das Doktoratsstudium zugeschnittenen Lehrveranstaltungsangebots, die stärkere Integration
der DoktorandInnen in das Forschungsgeschehen der Institute und die Ausweitung der Finanzierungsmöglichkeiten für das Doktoratsstudium.

»PhD New« – An Analysis of the Academic Training of Junior Social Scientists at the University of Vienna and Reform Proposals

In Austria, PhD programs increasingly receive attention. They are at the centre of two recent
political debates that concern, on the one hand, a growing need for qualified junior scholars (early stage researchers) and, on the other hand, the fundamental restructuring of European universities in the course of the so-called Bologna Process. Reforms of the PhD program of the Faculty of Social Sciences at the University of Vienna must be supported by empirical data. For this reason, an online survey among current graduate students was undertaken in 2007. This article discusses the implications of the results for the (re-) organization of admission requirements, course descriptions, necessary services concerning support and information, and the funding of the »PhD New«. Key are the maintaining of a variety in terms of admission, developing courses specific to the PhD, improving the involvement of graduate students in research activities of their respective departments, and expanding the funding of the PhD program.

Andreas Breinbauer

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Langfristige Mobilität von Hochqualifizierten/ WissenschafterInnen (Brain Drain) aus Österreich und Ungarn – Fallbeispiel MathematikerInnen

Der Artikel gibt einen Überblick zum begrifflichen und theoretischen Hintergrund der Hochqualifiziertenmigration bzw. zum Brain Drain und grenzt das Ausmaß dieser Wanderungen, insbesondere jenes der österreichischen und ungarischen Hochqualifizierten und WissenschafterInnen in das Ausland ein. Im empirischen Teil erfolgt eine detaillierte Untersuchung über die Auswärtsmobilität der österreichischen und ungarischen MathematikerInnen, die im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) tätig sind. Das Fach Mathematik vermittelt weitgehend kulturunabhängige Qualifikationen und zeichnet sich durch eine Fachsprache aus, die vergleichsweise einfach international transferierbar ist. Somit können wichtige Aspekte im Zusammenhang mit Gründen, Verlauf und anderen Gesichtspunkten des Abgangs dieser WissenschafterInnen diskutiert werden, die in Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dem Brain Drain münden.

Long-Term Mobility of Highly Qualified/ Scientists (Brain Drain) from Austria and Hungary – Case Study Mathematicians

The article outlines definitions and the theoretical background of the mobility of the highly qualified, the brain drain respectively, and assesses the extent of the flows particularly of Austrian and Hungarian tertiary educated and scientists. Furthermore, the article focuses on an empirical analysis of Austrian and Hungarian mathematicians abroad who work in an R&D-close environment. Mathematics conveys qualifications mainly independently from cultural contexts and uses a specific terminology, which can be transferred comparatively easily worldwide. Therefore, important aspects concerning reasons, processes and other considerations related to the brain drain of these mathematicians can be discussed, which finally provides recommendations for how to deal with the brain drain issue.

Gerda Falkner / Andreas Obermaier

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Aktuelle Reformvorschläge zur EU-Sozialpolitik – von der Kontroverse
zum scheinbaren Konsens?

Die aktuellen Vorschläge zur Reform und Weiterentwicklung der EU-Sozialpolitik sind geprägt von zumindest oberflächlichem Konsens über die Herausforderungen für, die Ziele und Mittel sowie über die Form der Umsetzung von EU-Sozialpolitik. Der Artikel erklärt diese – im Vergleich zur konfliktträchtigen Debatte in der Vergangenheit – verhältnismäßig konsensuale Situation mit vier Faktoren: Erstens wurden bereits viele sozialpolitische Materien auf EU-Ebene relativ erfolgreich geregelt. Zweitens bewegt sich EU-Sozialpolitik zwar in kleinen Schritten, aber doch. Drittens entpolitisierten Formelkompromisse die Debatte. Und viertens wurden sozialpolitisch relevante Entscheidungen auf die wirtschaftspolitische Arena und die Gerichte verlagert. Aufsehen erregende EuGH-Urteile aus dem Jahr 2007 könnten mittelfristig zu einer Re-Politisierung der EU-Sozialpolitik führen. Angesichts unterschiedlicher Denkmodelle sowie sozialer und arbeitsrechtlicher Niveaus in den Mitgliedstaaten ist aber nicht zu erwarten, dass über Formelkompromisse hinausgehende Lösungen leicht zu erringen sein werden.

Current Reform Proposals for EU Social Policy – from Harsh Controversies to Superficial Consensus?

Current reform proposals in the field of EU social policy are characterised, at least at the surface, by rather consensual views. This refers to the challenges, the overall goals and instruments, and the ways how to implement social policy. Whereas discussions can be characterised by harsh controversies in the past, four factors explain the consensual character of most reform proposals: First, many social standards have indeed already been agreed upon at EU level. Second, while it is true that EU social policy has only been developed incrementally, it still has been moving. Third, there are certain compromise formulae that depoliticised the relevant discourse. Finally, crucial issues of social and labour law have been transferred to the (politico-) economic and judicial arenas. Considering some remarkable decisions of the European Court of Justice in 2007, it is to be expected that EU social policy may be repoliticised. However, cleavages in policy paradigms, social standards and industrial law will make solutions beyond compromise formulae rather difficult.

Ernst Gehmacher

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Qualitativ und quantitativ – kein Methodenstreit

Die Etiketten »qualitativ« und »quantitativ« werden für sozialwissenschaftliche Forschungsarbeiten nicht nur von SoziologInnen, sondern auch von soziologisch Interessierten und AuftraggeberInnen verwendet. Es sei offen gelassen, ob man diese Dichotomisierung der Methodenvielfalt wirklich braucht. Doch wenn die Trennung logisch klar ist, können die beiden Begriffe wohl auch nützen. Eine solche Klärung sei hier versucht.