Heft 3 / 2006: "Tourismus"

Franz Kolland

Abstracts

Tourismus im gesellschaftlichen Wandel. Entwicklungslinien und Erklärungsversuche

Den Ausgangspunkt für diesen Artikel bildet der Tatbestand, dass jede Gesellschaft je spezifische Formen des Tourismus hervorbringt. Dem entsprechend wird seine Entwicklung in vier Etappen dargestellt. Im Vordergrund steht der internationale Tourismus. Untersucht wird, welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen seine Ausbreitung beeinflusst haben, inwieweit es zu einer Demokratisierung des Reisens gekommen ist, d. h. das Reisen breite soziale Schichten der Bevölkerung erfasst hat, und wie sich die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteursgruppen (TouristInnen, Bevölkerung im Zielgebiet, Beschäftigte im Tourismus) verändert haben. Gezeigt werden kann, dass der Tourismus seinen elitären Charakter verloren hat und die Beziehungen zwischen Reisenden und Bereisten nicht auf ein ökonomisches Verhältnis reduziert werden können, sondern ein zutiefst soziales Ereignis sind. Zur Erklärung des Reiseverhaltens und der sozialen Beziehungen zwischen den Akteuren werden verschiedene theoretische Ansätze dargestellt, die darauf hinweisen, dass es sich um ein verhältnismäßig neues Forschungsfeld handelt.

Tourism and Social Change – Stages of Development and Explanations

This article was prompted by the fact that each society appears to generate specific forms of tourism. Developments of tourism will be highlighted in four stages, with a clear analytical emphasis on international tourism. First, the article deals with general social conditions that have impacted tourism. Furthermore, it is discussed, whether travelling has been democratized, i.e. whether it has been made accessible to larger portions of the population, and how the interactions between different groups of protagonists (tourists, population in host countries, employees in the tourist sector) have changed. It can be demonstrated that tourism lost its prestigious label and that interactions between travellers and hosting population cannot be reduced to a mere economic exchange, but that we are faced with profound social encounters. In order to explain travelling behaviour and social relations between protagonists, different theoretical approaches are presented that support the claim that this represents a relatively new research field.

Gabriele Habinger

Abstracts

Reisen, Raumaneignung und Weiblichkeit. Zur Geschichte und Motivationsstruktur weiblicher
(Vergnügungs-) Reisen

Der Artikel geht in einer historischen Spurensuche den Belegen reisender Europäerinnen im Verlauf der Jahrhunderte nach. Er beleuchtet einerseits Reisen als geschlechtsspezifisches Phänomen, und behandelt andererseits die sozialgeschichtlichen Rahmenbedingungen für weibliches Reisen und die damit verknüpften gesellschaftlichen Diskurse – vor allem die bürgerliche Geschlechterideologie des 19. Jahrhunderts mit ihrer geschlechtsspezifischen Raumkonzeption, deren Auswirkungen auf weibliche Mobilität, Bewegungsfreiheit und Raumnutzung bis in die Gegenwart reichen. Vor diesem Hintergrund werden Reisemöglichkeiten und -motive für Frauen ausgelotet. Besonders die Konfrontation mit dem Unbekannten und Fremden erweist sich hier bis heute von großer Bedeutung. Dabei zeigt sich, dass das Potenzial erweiterter Raumnutzung durch das Reisen und die Aneignung neuer, »fremder« Räume sowohl für historische als auch heutige Frauen Möglichkeiten für Selbstbestätigung und erweiterte Selbsterkenntnis bieten können.

Female Travelling and Appropriation of Space – History and Motivation of Female Travelling and Pleasure Trips

The article follows the traces of European female travellers during the course of centuries. On the one hand, travelling is highlighted as a gender-specific phenomenon. On the other hand, the socio-historical general conditions of female travelling and related social discourses are analysed. In this context, the bourgeois gender ideology of the nineteenth century with its gender-specific space conception as well as its implications for female mobility, freedom of movement and use of space continuously play an important role. Against this background, possibilities and motives for the travelling of women are explored. Particularly the confrontation with unknown and foreign phenomena should be considered as crucial. The potential of an extended use of space by travelling and the appropriation of new, »foreign« areas offer opportunities for historical and present women to prove themselves and to enhance their self-knowledge.

Astrid Winkler

Abstracts

Maßnahmen gegen Kindersextourismus

Kinderprostitution und Kindersextourismus sind Erscheinungsformen touristischer Aktivitäten, die weltweit ein Problem darstellen. Trotz internationaler Bemühungen zahlreicher Akteure ist es nur schwer in den Griff zu bekommen. Dieser Artikel hat zum Ziel, Hintergründe des Phänomens zu erläutern und Gegenmaßnahmen wie einen Verhaltenskodex für die Tourismuswirtschaft sowie seine praktische Umsetzung zu beleuchten und abschließend kritisch zu bewerten. Der Kodex ist ein wirksames Instrument, um Bewusstsein auf einer breiten Ebene, unter Einbeziehung der touristischen Herkunfts- und Zielländer herzustellen. Seine Stärke liegt in der Kooperation mit vielen Partnern. Defizite zeigen sich in der Kooperation zwischen Herkunfts- und Zielländern und insbesondere bei der Integration des Kodex, als freiwillige Selbstverpflichtung, in die Unternehmenspolitik von Reiseveranstaltern und anderen touristischen Serviceanbietern.

Measures against Child Sex Tourism

Child prostitution and child sex tourism represent serious problems for the worldwide tourism industry. In spite of the international efforts of those concerned, child prostitution is still rampant in many tourist destinations. The article focuses on explaining the background of this phenomenon, on illustrating measures to counteract it such as a code of conduct for the tourism industry, on the implementation of the code in various countries, and on analysing the results and challenges. The code turned out to be a practical and effective tool to create a broad awareness in both the tourist countries of origin and destination. The strength of the code is that it encourages a multisectoral cooperation. Deficits have been identified in terms of cooperation between both the tourist countries of origin and of destination, particularly with regard to the voluntary commitment of tourism industry to integrate this code in their policies.

Christina Kien / Brigitte Salfinger

Abstracts

Arbeitssituation von Beschäftigten in der Tourismusbranche im Salzkammergut

Aufgrund des demografischen Wandels in Österreich wird der Anteil der älteren MitarbeiterInnen im Beherbergungs- und Gaststättenwesen steigen. Eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit der Frage nach der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und -motivation der ArbeitnehmerInnen ist daher notwendig. Die in diesem Beitrag vorgestellte Erhebung liefert auf Basis einer telefonischen Befragung eine detaillierte Beschreibung der Arbeitssituation von länger beschäftigten ArbeitnehmerInnen über 35 Jahre in der Tourismusbranche im oberösterreichischen Salzkammergut. Spezifische Arbeitszufriedenheiten und -belastungen sowie deren Auswirkungen wurden untersucht. Anerkennung und Wertschätzung sowie Verminderung von einseitigen Arbeitsabläufen tragen beispielsweise wesentlich zur Verbesserung der Arbeitssituation bei. Vermutete Vorurteile von ArbeitgeberInnen gegenüber älteren ArbeitnehmerInnen wurden in der Studie nicht bestätigt.

Working Conditions of Employees in Tourism in the Austrian Salzkammergut Region

The share of elderly employees in the Austrian hotel and restaurant industry is expected to grow because of demographic changes. Therefore, it appears necessary to find ways how to sustain their workability and motivation for work. Based on a telephone survey, the presented study describes in detail the working conditions of long-term employees aged 35 plus in the hotel and restaurant industry of a tourism region in Austria, the »Salzkammergut«. Specific work-related satisfication, strains and their consequences were analysed. Working conditions can be improved by recognition, appreciation and a less one-sided job profile. Assumed prejudices against elderly workers, on part of the employers, were not verified by this study.