Heft 4 / 2009: "offenes Heft"

Flooh Perlot / Martina Zandonella

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Wählen mit 16 – Jugendliche und Politik in Österreich

In Österreich wurde 2007 im Zuge einer Wahlrechtsreform das aktive Wahlalter gesenkt, bei der vorgezogenen Nationalratswahl 2008 durften somit erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. Diese neue Situation war Anlass für eine Nachwahlstudie »Wählen mit 16«, welche sich mit den politischen Einstellungen, dem Wahlverhalten und Demokratieverständnis von 16- bis 18-Jährigen beschäftigte. Der Artikel fasst einige zentrale Ergebnisse der Studie zusammen. Dazu zählen u. a., dass Jugendliche nicht als homogene Gruppe betrachtet werden können, sondern differenzierte Einstellungen an den Tag legen, und dass der Status als SchülerIn oder Erwerbstätige/r ein besonders wichtiger Einflussfaktor ist.

Voting Age 16 – Youth and Politics in Austria

In 2007, the voting age in Austria was lowered from 18 to 16 years of age. For the first time, adolescents, above the age of 16, were allowed to vote in the early parliamentary elections of 2008. This new situation served as a starting point for a post-election survey of political attitudes, voting behaviour and the democratic understanding of the 16 to 18 year olds. The article summarises some of the main findings. It draws the conclusion that adolescents are a politically heterogeneous group, expressing different attitudes. The status as a school pupil or an employee represents a particularly important factor.

Herbert Langthaler / Helene Trauner

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Das österreichische Asylregime unter besonderer Berücksichtigung der Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen

Der Artikel präsentiert ausgewählte Ergebnisse der Studie »Politische Partizipation und Repräsentanz von Flüchtlingen und AsylwerberInnen in der EU«. Im Rahmen einer Analyse der politischen Möglichkeitsstrukturen beleuchten wir die Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Beteiligung von Flüchtlingen und AsylwerberInnen in Österreich. Wir untersuchen die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, die Darstellung von Flüchtlingen und AsylwerberInnen im öffentlichen Diskurs zu Asylpolitik sowie die Beziehung von Flüchtlingsselbstorganisationen zu professionellen Flüchtlingsbetreuungs-NGOs. Während die NGOs für die Betreuung und Beratung von Flüchtlingen wesentlich sind, werden Aktivitäten und Potenzial der Flüchtlingsselbstorganisationen wenig beachtet und sind diese von öffentlichen Ressourcen weitgehend abgeschnitten. Letztendlich treten nur einzelne Flüchtlinge mit großem kulturellem und sozialem Kapital als AkteurInnen im Rahmen des Asylregimes in Erscheinung.

The Austrian Asylum Regime and the Role of Civil Society Organisations

The article presents selected findings of a study on »Political Participation and Representation of Refugees and Asylum Seekers in the EU«. Within a framework of analysis of political opportunity structures we examine the civil society participation of refugees and asylum seekers, the roles how refugees and asylum seekers are being portrayed in public discourses on asylum policy as well as the relationship of refugee self-organisations to professional NGOs that assist refugees. Whereas NGOs are central concerning the care and counselling of refugees, the activities and the potential of refugee self-organisations, in this field, receive only limited attention, and they are largely cut off from public resources.

Rudolf Forster / Gudrun Braunegger-Kallinger / Peter Nowak / Sonja Österreicher

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Funktionen gesundheitsbezogener Selbstorganisation – eine Analyse am Beispiel einer österreichischen Untersuchung

In den vergangenen Jahren wird ein starker Anstieg von gesundheitsbezogenen Selbsthilfegruppen in vielfältigen Formen beobachtet. Der Artikel will durch die theoretische Ableitung gesellschaftlicher Funktionen und eine Analyse empirischer Daten zentrale Unterschiede in diesem Feld herausarbeiten. Drei Funktionen werden theoretisch abgeleitet: »wechselseitige Unterstützung«,»komplementäre Dienstleistung durch individuelle Unterstützung« und »kollektive Interessenvertretung«. Die empirische Analyse im Rahmen einer aktuellen österreichischen Untersuchung zeigt: Der überwiegende Teil der Gruppen kann anhand verschiedener Kombinationen dieser Funktionen in Form von drei Typen beschrieben werden; Organisationsstrukturen, Aktivitäten, Ressourcenbedarf und Umweltbeziehungen dieser Typen von Gruppen unterscheiden sich deutlich und konsistent mit den theoretischen Annahmen.

Functions of Health-related Self-help Groups – an Analysis based on the Example of an Austrian Study

In recent years, an increase of health-related self-help groups can be observed. This article wants to work out key differences in the field based on a theoretical analysis of societal functions and a review of empirical data. Three functions of self-help groups are derived from theoretical considerations: »mutual support«, »complementary service provision through individual support«, and a »collective representation of interests«. An empirical analysis, in context of a most recent and comprehensive Austrian study, shows that most of the health-related self-help groups can be described in three types, representing various combinations of these functions. Organizational structures, activities, the need for resources and external relations of these types of groups differ significantly and in accordance with the theoretical assumptions.

Mariam I. Tazi-Preve

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Politik zu Vaterschaft 

Bei der Analyse der Strukturen und Funktionsweisen von Familien bzw. der familienpolitischen Einflussnahme wird der Part der Väter zumeist nachrangig behandelt. In diesem Beitrag wird die Frage aufgeworfen, ob es im Wohlfahrtsstaat Österreich eine Politik gibt, die auf Väter abzielt, und welchen Charakter eine solche besitzt. Es wird von der These ausgegangen, dass politische Regelungen zu Familie im Spannungsfeld von Familie, Arbeitsmarkt und Staat zu betrachten sind und nur so Widersprüche innerhalb der Politik zu Vaterschaft sowie die ambivalente Haltung von Vätern selbst erklärbar sind. In diesem Zusammenhang werden die geschlechtsspezifische Verfasstheit der österreichischen Familienpolitik und ihrer politischen und rechtlichen Maßnahmen sowie die Normativität von Familienleitbildern überprüft. In den Ergebnissen werden die Ambivalenzen der österreichischen Politik zu Vaterschaft aufgezeigt.

Policy on Fatherhood

Most studies on the influence of family policy on family structures and other family-related issues account only insufficiently for the role of the father within these structures. This contribution will explore, whether the Austrian welfare state pursues policies aimed specifically at fathers and what is the nature of such policies. The article assumes that political regulations of family are to be regarded between the conflicting priorities of family, labour market and the state, and this is the only way that contradictions in the policy on fatherhood and the ambivalent attitudes of fathers themselves can be explained. In this regard the contribution focuses on exploring the gender paradigm of Austrian policies relating to family issues and the implementation of political and legal measures. Furthermore, the norms and conventional ideas about family, which underlie political decision-making processes, will be reviewed. The results demonstrate that Austrian policies on fatherhood are ambivalent.

Patrick Horvath / Reinhold Gutschik

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Aktuelle Positionen zur österreichischen Energiepolitik

Der Beitrag präsentiert ausgewählte Ergebnisse einer aktuellen Studie zu Fragen der Energiepolitik in Österreich. Daten aus einer repräsentativen Umfrage werden mit Stellungnahmen von ExpertInnen in Verbindung gebracht. Bei der Energiegewinnung aus herkömmlichen Energieträgern wird der Wasserkraft im Vergleich zu Kohle und Öl der Vorzug gegeben, im Detail besteht allerdings ein differenziertes Meinungsbild zur Wasserkraft. Generell befürwortet wird einerseits Österreichs Weg, auf den Bau eigener Kernkraftwerke zu verzichten – im Unterschied zu einigen anderen EU-Mitgliedsländern. Weitgehender Konsens besteht andererseits bei der Bedeutung der Energieeffizienz. In diesem Bereich wären konkrete Maßnahmen in der näheren Zukunft daher am ehesten umsetzbar.

Current Positions on Austrian Energy Policy

The article presents selected results of a recent study on energy policy issues in Austria. Data from a representative survey are being connected with expert statements. Concerning energy production from conventional sources, hydropower is favoured over coal and oil, but the range of opinions reflects mixed perceptions about hydropower as well. Generally supported is Austria’s position to abstain from the building of new nuclear power plants – unlike some other European Union countries. There is a far-reaching consensus on the importance of energy efficiency. In this area, therefore, the implementation of concrete measures would be most likely in the near future.

Doris Bammer / Petra Ziegler

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Erwerbstätigkeit und Doktoratsstudium – ausgewählte Studienergebnisse zur sozioökonomischen Situation von DoktorandInnen an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Wien

Doktoratsstudierende an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Wien sind mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert: Eine, die fast alle DissertantInnen betrifft, ist die Vereinbarkeit von Studium und Erwerbstätigkeit. Die Studie zur sozioökonomischen Situation von DoktorandInnen benennt diese Herausforderungen und liefert neue Daten zu biographischen Hintergründen, Finanzierungsformen des Doktoratsstudiums, subjektiven Einschätzungen des Studienfortgangs sowie Bedürfnissen und Wünschen der Doktoratsstudierenden. Besonderes Augenmerk gilt Differenzen nach Geschlecht und Studienrichtung: Es zeigt sich, dass die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Doktoratsstudium grundsätzlich als schwierig eingestuft wird. Diese Problematik variiert nach Art der Beschäftigung, der Höhe des Einkommens, der Bedeutung von Berufserfahrungen im eigenen Lebenslauf und Betreuungspflichten – diese Faktoren bestimmen die zeitlichen Prioritäten für das Doktoratsstudium und somit den Studienfortgang.

Employment and Doctoral Studies – Selected Results for the Socio-economic Situation of Doctoral Students at the Faculty of Social Sciences at the University of Vienna

Doctoral students at the faculty of Social Sciences at the University of Vienna are confronted with different challenges. Most students are concerned how to balance their employment with their doctoral studies. Our project study about the socio-economic situation of doctoral students examines these challenges and provides new data on biographical background, the financing of the doctoral studies, progress assessments, and needs and requests of doctoral students. A particular focus concentrates on differences in relation to gender and the chosen study program. One key result is that a compatibility between employment and doctoral studies is being assessed as rather difficult to achieve. Problems vary due to the type of employment, earnings, the relevance of work experience for the personal CV, and caring duties. These factors determine time budget priorities for the doctoral studies and the progress of the studies.