Heft 4 / 2017: "offenes Heft"

Margarita Wolf/ Roland Verwiebe/ Lena Seewann

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Wo und wie bilden sich unsere Werte? Aktuelle Befunde für Österreich aus einer Mixed-Methods-Studie

In diesem Beitrag wird danach gefragt, wo und wie sich die individuellen Werthaltungen von Menschen bilden. Ein aktuelles Mixed-Methods-Projekt an der Universität Wien analysiert auf Basis von acht Fokusgruppendiskussionen und einer repräsentativen Umfrage (n = 1.519) in Österreich werteprägende und wertebildende Prozesse. Bisherige Studien untersuchten die Bildung von Werten hauptsächlich während der Sozialisation und durch intendierte Vermittlungsprozesse ­(z. B. in Schulen). Unsere Ergebnisse machen jedoch deutlich, dass sich individuelle Werthaltungen in vielen verschiedenen Lebens- und Erfahrungsbereichen (u. a. Familie, Integration in das Arbeitsleben) bilden. Die Entstehung individueller Werthaltungen stellt sich als ein komplexer Prozess dar, der in viele Lebensbereiche hineinreicht und daher viel stärker als bisher in verschiedenen Kontexten beleuchtet werden muss.

Where and How Are Our Values Formed? Current Results of a Mixed-Methods-Study in Austria

This article asks, where and how individual human values are being formed. A current mixed-methods-project at the University of Vienna analyzes processes that influence and develop values on the basis of eight focus group discussions and a representative survey of 1,519 Austrian respondents. ­So far, previous studies investigated value formation mostly during the socialization processes or in intended educational measures (e. g., schools). However, our results indicate that individual values emerge in many different areas of life and experience (for example, family or integration in work life). The development of individual values seems to be a complex process that extends to many areas of life and needs to be further examined in different contexts.

Anna Faustmann

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Zur Rolle von Freizeitvereinen für die soziale Integration von MigrantInnen in Österreich 

Im vorliegenden Beitrag werden das Integrationspotenzial von Freizeitvereinen in Österreich ­und ihre Bedeutung für die Integration von MigrantInnen untersucht. Zu diesem Zweck werden integrationssoziologische Ansätze und internationale Forschungsergebnisse betrachtet sowie sekundärstatistische Analysen auf Basis der repräsentativen Umfragen ISSP 2007, SHARE 2011 und 2015 durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigen, dass Vereinsengagement eine wichtige Rolle für die soziale Integration spielt, dass der sozialintegrative Charakter einer Vereinsbeteiligung jedoch in besonders hohem Ausmaß bei Personen ohne Migrationshintergrund zur Wirkung kommt. ­Die Gründe dafür können sowohl in (internen und externen) Ausgrenzungs- als auch in Selbstselektionsmechanismen im Kontext der Vereinspartizipation von MigrantInnen liegen.

The Role of Leisure Clubs for the Social Integration of Migrants in Austria 

This article analyses the integration potential of leisure clubs in Austria and their role for the social integration of migrants. For this purpose, sociological integration theories and international research findings, but also secondary statistical analyses based on the representative surveys ISSP 2007, SHARE 2011 und 2015 have been examined further. The results verify the important role of club participation for social integration, however show also that the socially inclusive character of club participation particularly effects people without migration background. The reasons for this are to be found in (internal and external) exclusion mechanisms, but also in self-selection mechanisms in context of club participation of migrants.

Gunther Tichy

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Wie gefährlich sind die Roboter?

Medien, Politik und sogar Wissenschafter verbreiten das Zukunftsszenario eines Digitalisierungs-­bedingten »second machine age« mit dramatischen Arbeitsplatzverlusten. Diese Vision ist rein technisch orientiert, kümmert sich nicht um ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Umsetzbarkeit, und ignoriert das Digitalisierungs-bedingte Entstehen neuer Arbeitsplätze. Im Gegensatz dazu sind bisher weder eine Digitalisierungs-bedingte Beschleunigung des technischen Fortschritts zu erkennen noch dadurch bewirkte Netto-Arbeitsplatzverluste. Die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sollte das Problem der Digitalisierung dennoch ernst nehmen. Selbst ohne Beschleunigung des Digitalisierungstrends wird es zu erheblichen Umschichtungen in der Beschäftigungsstruktur in Form eines Bedeutungsverlusts der mittleren Qualifikationen kommen; die durch die Digitalisierung ermöglichte Aufspaltung der Produktionsprozesse in einzelne Aufgaben (»tasks«) wird erhebliche Probleme im Zusammenhang mit der sozialen Absicherung und dem Arbeitsrecht aufwerfen. Viel zu wenig diskutiert wird auch die Frage, wem die Effizienzgewinne forcierter Digitalisierung zugute kommen: Werden es die Unternehmen sein, sind ausgeprägt rezessive Tendenzen unvermeidlich; daher sollte seitens der Politik dafür gesorgt werden, dass die Effizienzgewinne via Löhne und Preise an die Konsumenten weitergegeben werden.

How Dangerous are Robots?

Media, politicians and even scientists disseminate the vision of a »second machine age«. The scenario is exclusively technologically based, disregarding completely economic and social feasibility, as ­well as the job-creating potential of digitisation. Up to now, however, neither digitisation-caused acceleration of technical progress nor corresponding job losses occurred. Economic and social policy should take the problem seriously, nevertheless. Even without an acceleration of technical progress, considerable changes in the composition of employment – hollowing out of middle qualifications – will materialise; the split-up of production in tasks will, furthermore, create serious problems of social security and employment law. At least as important, serious shifts in income distribution may occur as a result of digitisation-caused efficiency gains. Will gains focus one-­sidedly on the entrepreneurs, a recession may occur. Policy will have to ascertain that the efficiency gains are distributed to consumers in terms of increasing wages or lower prices.

Andreas Schober / Manfred Füllsack

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Text Mining in Stellenanzeigen – eine Methode zur Arbeitsmarktforschung am Beispiel nachhaltiger Berufe in Österreich

Seit einigen Jahren zählt die Umwelttechnikbranche zu den Hoffnungsträgern der österreichischen Wirtschaft. U. a. äußert sich dies in wachsendem Arbeitsmarktinteresse an nachhaltigen Berufen, an so genannten Green Jobs. Bei Betrachtung entsprechender Darstellungen bleibt freilich oftmals unklar, was diese Green Jobs auszeichnet und wodurch sie sich von anderen Berufen unterscheiden. Der vorliegende Artikel versucht, Antworten auf diese Frage mithilfe Computer-gestützter Textanalyse von Online-Stellenanzeigen aus dem ersten Halbjahr 2017 zu finden. Gleichzeitig will der Beitrag auf die Möglichkeiten moderner Computermethoden für die Sozialforschung aufmerksam machen.

Text Mining in Job Advertisements – a Method for Labour Market Research Exemplified by Green Jobs in Austria

The environmental engineering industry has been one of the hopefuls of the Austrian economy, now for several years. Among other things, this is reflected in growing labour market interests for sustainable professions, for so-called green jobs. However, when looking at corresponding descriptions, it is often unclear, what these green jobs are and what distinguishes them from other professions. The article at hand attempts to find here answers with the means of computer-aided text analysis of online job advertisements from the first half of 2017. As an add-on, the analysis here wants to draw attention to the possibilities of modern computer methods for social research.

Ruth Simsa

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Wirkungsmessung von Nonprofit-Organisationen. Hintergründe, Potenziale und Grenzen 

Wirkungsmessung hat zunehmende Bedeutung für Nonprofit-Organisationen. Diese streben Beiträge zum Gemeinwohl an, wie etwa soziale Sicherheit, politischen Wandel oder Gemeinschaftsbildung und stehen vor steigendem Druck, diese Wirkungen zu messen und zu monetarisieren, um ihre Finanzierung und Legitimation sicherzustellen. In dem Beitrag geht es um Hintergründe, Potenziale, Grenzen und Konsequenzen dieser Entwicklung. Diese werden anhand einer besonders strikten und gegenwärtig häufig angewendeten Methode, der Social-Return-on-Investment (SROI)-Analyse kritisch beleuchtet. Deren Funktionsweise wird in Bezug zu ihrem ideologischen Hintergrund gesetzt. Konsequenzen der Wirkungsmessung werden in Bezug auf Nonprofit-Organisationen und die Gesellschaft diskutiert. 

Impact Measurement of Nonprofit-organizations. Backgrounds, Potentials and Limits

The trend to measure impact increasingly affects nonprofit-organizations, which want to contribute to the common good, like social security, political change or community building. Currently, they face increasing pressures to measure and monetarize their impact for further receiving necessary funding and legitimization. The article deals with backgrounds, potentials, limits and consequences of this development. This contribution critically discusses one of the currently most strict and most prominent methods of impact measurement, the social-return-on-investment (SROI)-analysis. Its operation mode is linked to an ideological background. Consequences of impact measurement are finally discussed with regard to nonprofit-organizations and society.