Heft 3 / 2011: "Umweltbedrohungen. Problemlagen und Reaktionen"

Markus Hadler/ Gerd Kaup

Abstracts

Von schwindenden Protesten und couragierten Mülltrennerinnen – Umweltverhalten der ÖsterreicherInnen in den Jahren 1994/ 95, 2001 und 2010

Dieser Beitrag untersucht das Umweltverhalten der ÖsterreicherInnen anhand repräsentativer Bevölkerungsumfragen und unterscheidet dabei zwischen privatem und öffentlichem Verhalten. Es zeigt sich, dass privates Verhalten wie der Verzicht auf Autofahrten und Mülltrennen seit 1994/95 relativ konstant bleibt, während öffentliches Verhalten wie die Teilnahme an Demonstrationen oder das Unterzeichnen von Unterschriftenlisten stark zurückgeht. Hinsichtlich der individuellen Determinanten der beiden Handlungen zeigt sich, dass sich bei öffentlichen Umwelthandlungen Werthaltungen und Einstellungen stärker auswirken als sozialstrukturelle Variablen. Privates Verhalten hingegen wird eher von sozialstrukturellen Faktoren wie Alter, Geschlecht und Erwerbstätigkeit bestimmt als von Werthaltungen und Einstellungen. 

Waning Protests and Relentless Recyclers – Comparing Environmental Behavior of Austrians in 1994/ 95, 2001, and 2010

This article analyzes changes and determinants of environmental actions in the Austrian population since 1994/95. Two different types of action are being considered here. First, private actions, such as no longer driving a car and recycling, and, second, public actions such as taking part in demonstrations or signing petitions. Using representative survey data, a decline in public actions can be reported while private actions have remained relatively stable. Further, public actions are being  influenced strongly by values and attitudes, but to a lesser extent by social structural factors. Private actions, on the other hand, are more often determined by social structural factors such as age, gender, and economic activity.

Matthias Barth

Abstracts

Den konstruktiven Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit erlernen – Bildung für nachhaltige Entwicklung als erziehungswissenschaftliche Aufgabe

Bildungsprozessen wird eine wichtige Rolle beim Umgang mit Umweltbedrohungen und auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Entwicklung zugesprochen. Ziel ist es dabei, nicht-nachhaltiges Verhalten durch Bildung zu verändern. Ein solches instrumentelles Bildungsverständnis ist aus erziehungswissenschaftlicher Sicht jedoch kritisch zu betrachten. Entsprechend verfolgt der vorliegende Artikel eine doppelte Zielsetzung: Die Möglichkeiten und Grenzen des Umgangs mit den Herausforderungen des Globalen Wandels werden zunächst an der Entwicklung von einer reaktiven, bedrohungsorientierten Umwelterziehung der 1980er-Jahre hin zu einer proaktiven, auf Gestaltung der zukünftigen Entwicklung ausgerichteten Bildung für nachhaltige Entwicklung nachvollzogen. Schließlich wird der Frage nach adäquaten Bildungszielen nachgegangen und exemplarisch aufgezeigt, wie sich diese Bildungsziele mit geeigneten Inhalten und Methoden verbinden lassen, um Lernanlässe zu gestalten, die die Herausforderungen des Globalen Wandels konstruktiv aufgreifen und Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung ermöglichen.

How to Deal Constructively with the Challenges of our Times – Education for Sustainable Development as an Educational Objective

Educational processes are being regarded as crucial. One objective is to change unsustainable behaviour through education. However, such a tool-oriented understanding of education should be criticised from an educational perspective. Accordingly, this article addresses two main aspects. First, educational opportunities as well as limitations are discussed in reference to the shift from a threat-oriented environmental education to an education for sustainable  development that is interested in contributing to a proactive shaping of future developments. Second, appropriate educational objectives of this approach are explored by illustrating ways of combining these with a meaningful content and adequate learning settings.

Steffen Biller

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Wald – vom Klimaretter zum Klimapatienten – Eine Analyse der Bedeutungszuschreibungen im deutschen Klimadiskurs

Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung des Klimawandels weist vielfältige Differenzen auf und hat sich in den letzen Jahrzehnten stark verändert. Vorliegender Beitrag versucht anhand der zur gesellschaftlichen Wirklichkeitskonstruktion beitragenden Printmedien Unterschiede in der Deutung des Klimawandelphänomens aufzuzeigen. In den Berichterstattungsjahren 2001 und 2009 wird hierzu die mediale Darstellung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder in Deutschland aus der Forschungsperspektive der wissenssoziologischen Diskursanalyse untersucht und verglichen. Ein innerhalb dieses knappen Jahrzehnts sich in den Medien vollziehender Vermittlungswandel wird so erkennbar.

Forest - From Climate’s Saver to Climate’s Patient – An Analysis of the Attribution of Meaning in the German Climate Discourse

The social perception and evaluation of climate change differ greatly and have changed markedly over the past decades. As elsewhere, here too, print media play an important role in the social construction of reality. In this article, I describe crucial differences between various interpretations of climate change presented in  the media. Adopting the approach of the »wissenssoziologische« discourse analysis, I assess and compare different ways in which the impact of climate change on forests in Germany is being described and interpreted in print media releases of the two years of 2001 and 2009. The analysis reveals how media coverage of this topic has changed over a period of almost a decade.

Timmo Krüger

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Die Schlüsselrolle von Carbon Capture and Storage (CCS) in der internationalen Klimapolitik

Im Aufsatz wird die ökologische Modernisierung als hegemoniales Projekt in der internationalen Klimapolitik herausgearbeitet. Dieses wirkt einer radikalen Transformation gesellschaftlicher Naturverhältnisse entgegen, da es eine Bearbeitung des Klimawandels durchzusetzen vermag, die von den etablierten Deutungs- und Handlungsmustern abgeleitet ist. Anhand einer explorativen Feinanalyse des »Special Report on Carbon Dioxide Capture and Storage« kann die Reproduktion des hegemonialen Projekts der ökologischen Modernisierung in der Politikberatung des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gezeigt werden. Die Interpretationsergebnisse stützen die im Aufsatz vertretene Hypothese, dass die Technologie des Carbon Capture and Storage eine Schlüsselrolle in den Auseinandersetzungen um die Notwendigkeit einer radikalen Transformation gesellschaftlicher Naturverhältnisse spielt.

The Key Role of Carbon Capture and Storage (CCS) in International Climate Policy

In this article the ecological modernisation is being presented as a hegemonic project in the international climate policy. Ecological modernisation emphasizes a treatment of climate change which is derived from institutionalised interpretation and behaviour patterns, and thus counteracts a radical transformation of societal relations to nature. The exploratory analysis of the »Special Report on Carbon Dioxide Capture and Storage« indicates a reproduction of this hegemonic
project of ecological modernisation in policy advice of the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). The results of the analysis support the hypothesis developed in this article that the technology of Carbon Capture and Storage plays a key role in debates on the need for a radical transformation of social relations to nature.

Ingo Haltermann

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Vom Alltagsrisiko zur Katastrophe – Die Veränderung von Naturrisiken und deren Wahrnehmung am Beispiel Accra/ Ghana

Die Bevölkerung der Städte besonders in den Entwicklungs- und Schwellenländern wächst rapide. Die ZuzüglerInnen erhoffen sich durch die Nähe zu den geballten wirtschaftlichen und sozialen Ressourcen der Metropolen meist eine Verbesserung ihres Lebensstandards und nehmen so auch die Ansiedlung in umweltspezifischen Hochrisikoräumen in Kauf. Durch die Ausweitung von Extremwetterereignissen und den Anstieg des Meeresspiegels werden die Risiken zukünftig weiter steigen. Das Resultat: Immer mehr Menschen leben in immer gefährlicheren Räumen. Doch wie werden die den Räumen immanenten Risiken tatsächlich wahrgenommen? Selbst katastrophale Ereignisse scheinen den Zuzug nicht beeinflussen zu können. Untersuchungen in Accra/ Ghana haben nun gezeigt, dass die ständige Konfrontation mit einer Vielzahl von Risiken letztlich dazu führt, dass auch Extremereignisse kaum noch als solche wahrgenommen bzw. in Erinnerung behalten werden, was der Anpassung an solche Risiken fundamental im Wege steht.

From Allday-hazard to Desaster – the Change of Natural Hazards and their Perception, a Case Study of Accra/ Ghana

The cities, especially in the developing and emerging countries, are growing rapidly. With the geographical proximity, the newcomers are hoping for an enhancement of their living standard, so that they even bear to settle in spaces of enormous risks. It is predicted that climate change will intensify these risks through the extension of extreme weather conditions and sea level rise. The result: more and more people are living in increasingly risky spaces. But how is the actual perception of these risks, when even disastrous events did not seem to have any influence on the settling of those spaces? Research in Accra/ Ghana has now shown that the perpetuality of risk exposition lowers the notion and remembrance even of extreme events. This makes adaptations to risks, especially in relation to climate change, increasingly challenging.