Heft 1 / 2009: "Konsum - Kaufen? Nutzen? Wegwerfen?"

Maria Dabringer

Abstracts

Konsumieren in lokal-globalen Kontexten – zur Verortung eines sozialen Phänomens

Konsumieren wird vielfach als Teil ökonomischen Handelns thematisiert. Davon ausgehend schlägt der Beitrag ein breiteres Verständnis von Konsum vor, das unterschiedliche Dimensionen berücksichtigt. Im Zentrum steht die Analyse sozialwissenschaftlicher, vorwiegend kultur- und sozialanthropologischer Literatur, die Konsumieren als ökonomisches, soziales und politisches Handeln kontextualisiert. Mit Beispielen aus unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen wird diskutiert, welche Bedeutung Bedürfnisse und Präferenzen für menschliches Konsumverhalten haben, wie Konsum gesellschaftlichen Status konstituiert und identitätsstiftend wirkt. Auch die »Authentizität« und »Ursprünglichkeit« von konsumierten Gütern werden thematisiert. Weiters werden lokale Konsumgewohnheiten in globalisierten Gesellschaftszusammenhängen beleuchtet. Eine mehrdimensionale Perspektive auf Konsum soll es ermöglichen, Konsumieren nicht ausschließlich als ökonomisch, sondern als sozial bedeutsam, politisch relevant und individuell gestaltbar zu begreifen.

Consumption in Local/ Global Contexts – Locating a Social Phenomenon

Consuming usually is being treated as a component of economic performance. This article proposes a broader understanding of consumption, allowing the consideration of additional dimensions. An analysis of social science publications (mostly in the fields of social and cultural anthropology), contextualizing consumption as an economic, social and political behaviour, represents the centrepiece of the paper. Examples from different cultural contexts are used for discussing the significance of needs and preferences concerning consumer behaviour as well as how consumption can establish social status and create identity. Also the »authenticity« and »originality« of consumed goods is being thematized. Furthermore, local consumption patterns in global contexts of society are revealed. A multidimensional view of consumption should provide an understanding that is not reduced to the economy, but allows for social significance, political relevance, and individual variability.

Karl-Michael Brunner

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Nachhaltiger Konsum – am Beispiel des Essens

Nachhaltiger Konsum hat in den letzten Jahren an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen. Zunehmend mehr KonsumentInnen orientieren sich bei ihren Entscheidungen an Umweltfreundlichkeit, Sozialverträglichkeit oder Generationenverantwortung. Im Beitrag wird am Beispiel von Ernährung gezeigt, welche Chancen und Barrieren für nachhaltigen Konsum bestehen und welche Maßnahmen für eine Ausweitung von nachhaltigem Konsum notwendig sind. Dazu werden empirische Ergebnisse eines österreichischen Forschungsprojekts zu Ernährungspraktiken und nachhaltiger Entwicklung präsentiert, wobei der thematische Schwerpunkt auf Konsumbiographien und auf dem Konsum von Bio-Lebensmitteln liegt.

Sustainable Consumption – the Example of Food

Sustainable consumption achieved social recognition over the last years. More and more consumers regard environmental friendliness, social responsibility or responsibility for future generations as important aspects for their purchasing decisions. The article focuses on food consumption and discusses strategies of supporting sustainable consumption. Selected empirical results of an Austrian qualitative-research project on food consumption patterns and sustainable development are presented. Particular emphasis is placed on consumer biographies and the consumption of organically grown food.

Jürgen Oelkers

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Jugend, Konsum und Maßlosigkeit – ein unausweichlicher Zusammenhang?

Viele Medien gehen heute davon aus, dass Kinder und Jugendliche durch exzessive Teilhabe an der Konsumkultur zur Maßlosigkeit erzogen werden. Dabei werden Einzelfälle generalisiert, die das vorausgesetzte Bild bestätigen sollen. Tatsächlich haben sich die Bedingungen des Aufwachsens massiv verändert. Der Artikel zeigt den historischen Wandel von Kindheit, Jugend und Erziehung auf und vertritt die These, dass sich Kinder und Jugendliche unausweichlich auf Bedingungen der Konsumkultur einlassen müssen, ohne dadurch »maßlos« zu werden. Diese Opfertheorie verkennt, wie Kinder und Jugendliche mit den Lernaufgaben in ihrem Erfahrungsfeld umgehen und was sie konkret tun, um sich auf Konsum einzustellen. Einen »unausweichlichen« Zusammenhang zwischen Konsum und Maßlosigkeit gibt es nicht.

Youth, Consumption and Immoderateness – an Unavoidable Connection?

It is being widely assumed in the media today that too much participation in consumer culture teaches excess and immoderateness to children and youth. Based on individual cases, generalizations are drawn, which should confirm such impressions. And indeed, there have been massive shifts in the conditions and circumstances of growing-up. The article describes the historic change in childhood, youth and education, and presents the thesis that while it appears unavoidable that children and youth must get involved with the conditions of consumer culture, they should not become »excessive«. This victim theory fails to recognize how children and youth deal with learning tasks in their world of experience and how they concretely adjust and adapt to consumer culture. There is no »unavoidable« connection between consumption and immoderateness.

Kai-Uwe Hellmann

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Prosumismus im Zeitalter der Internetökonomie

1980 erfand Alvin Toffler den Begriff »Prosumer«, also »Prosument«, eine Wortkombination aus Produzent und Konsument. Ein Prosument ist ein Konsument, der maßgeblichen Anteil an der Fertigstellung bestimmter Produkte oder Dienstleistungen hat und deswegen als Mit-Produzent gelten kann. Der Artikel zeigt auf, dass dieses Phänomen insbesondere im Bereich der Internetökonomie, Stichwort Web 2.0, an Bedeutung gewonnen hat. Aufgrund aktueller Innovationen im Feld der Internettechnologien haben sich die Partizipationschancen von Konsumenten drastisch vergrößert. Das Web 2.0 lädt verstärkt dazu ein, sich als Konsument an der Produktion von Inhalten verschiedenster Art aktiv zu beteiligen, was zur Folge hat, dass die Bewegung der Prosumenten an Größe und Einfluss stetig gewinnt.

Prosumerism in the Age of Internet Economy

In 1980, Alvin Toffler invented the new term »prosumer«, a combination of the two words producer and consumer. A prosumer represents a consumer, proactively engaged in finishing the production of special goods or services. For that reason, he or she can be seen as a co-producer. This phenomenon receives additional attention in times of the internet economy − the catch-word is Web 2.0. Because of special innovations in the field of internet technologies, the chances of participation for consumers improved drastically. Web 2.0 invites consumer contributions for more inventions, with the consequence that the prosumer movement increases continuously in size and influence.

Sophie Karmasin

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Tomorrow’s Clients – Was prägt Marken in den nächsten zehn Jahren?

Der Artikel beschäftigt sich mit einer quantitativen Online-Untersuchung, die 2008 von Karmasin Motivforschung in der Zielgruppe der 15- bis 25-Jährigen in Österreich durchgeführt wurde. Inhalte sind die Lebensziele, Werte, die Lebenszufriedenheit und das Konsum- und Medienverhalten von jungen Erwachsenen bzw. Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren. Die Untersuchung mit dem Titel »Tomorrow’s Clients« steht für das Verständnis von zukünftigen Entwicklungen im Konsumverhalten, die sich nicht nur auf junge Erwachsene, sondern vielmehr auf breite KonsumentInnengruppen beziehen. Denn: Wenn man wissen will, welche Trends KonsumentInnen von morgen prägen werden, muss man junge KonsumentInnen von heute verstehen. Die Erkenntnisse von »Tomorrow’s Clients« liefern neue Anhaltspunkte für Produzenten, Agenturen und Marketingverantwortliche, die sich damit präziser und effizienter auf ihre zukünftige Zielgruppe einstellen können.

Tomorrow’s Clients – What are Effects on Brands in the Next Ten Years?

The article deals with the outcome and interpretation of a quantitative online survey, conducted by Karmasin Motivforschung in 2008, and designed for a target group of 15- to 25-year-old Austrians. Thematic foci are aims in life, values, life satisfaction as well as consumption and media behaviour of young adults aged between 15 and 25 years. The study »Tomorrow’s Clients« emphasizes the understanding of future developments in consumer behaviour, referring not only to young adults, but also to larger groups of consumers: if you want to know, which trends will form tomorrow’s clients, you should understand today’s young consumers. Findings of »Tomorrow’s Clients« provide new orientations for producers, agencies and marketing professionals, for a better and more efficient adaptation in favour of their prospective client target groups.

Michaela Hudler-Seitzberger

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Fachkräftemonitoring (FAMO) – ein Beitrag zum Management eines künftig gemeinsamen grenzüberschreitenden Arbeitsmarkts

EU-Erweiterung, Fachkräftemangel und die prognostizierte Rezession stellen besondere Herausforderungen für die Wirtschafts- und speziell für die Arbeitsmarktpolitik in Mittel- und Osteuropa dar. Die hier vorgestellte Studie Fachkräftemonitoring (FAMO) erhebt in der Projektlaufzeit 2008 bis 2012 einerseits die arbeitsmigrationswillige Bevölkerung sowie deren Qualifikationen in Wien und in den slowakischen Regionen Trnava und Bratislava. Andererseits wird der Fachkräftebedarf in eben diesen Regionen ermittelt. Aufbauend auf den bereits vorhandenen Daten der Studien Arbeitsmarktmonitoring I und II wird eine Argumentationsgrundlage für wirtschaftliche und politische EntscheidungsträgerInnen geschaffen, die es erlaubt, in Zusammenschau mit der wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Regionen Maßnahmenempfehlungen abzuleiten.

Skilled Workers Monitoring (FAMO) – a Contribution for Managing a Future Crossborder Labour Market

EU enlargement, the lack of skilled workforce, and recession forecasts identify particular challenges for economic, particularly labour market policies in Central and Eastern Europe. The article presents the project »Skilled Workers Monitoring« (FAMO). From 2008 to 2012, surveys will investigate into potential labour migration and the qualification of those migrants in Vienna as well as in the Slovak regions of Trnava and Bratislava. In parallel, the project focuses on analyzing the demand for skilled workers in exactly these regions. Referring to data of the Labour Market Monitoring I and II projects, a basis for argumentation should be established to serve economic and political decision makers. In addition to economic development, this allows recommending specific measures.

Ernst Gehmacher

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Sozialkapital – Chancen und Grenzen der Methodik

Das Konzept »Sozialkapital« hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer soziologischen Erklärung für strukturelle Veränderungen in Bildung, Ökonomie und Politik (Bourdieu, Coleman, Putnam) zu einem Messinstrument entwickelt, mit dem die Bindungskraft sozialer Beziehungen aller Größen und Typen quantifiziert werden kann (World Bank, OECD). Zwei Forschungsstränge stehen hier miteinander im Wettbewerb: Zum einen internationale Umfragen, deren Ergebnisse in »top-down«-Maßnahmen münden, zum anderen Untersuchungen in sozialen Einheiten, die in Form von »bottom-up«-Strategien selbst Maßnahmen ergreifen. Langsam setzten sich auch allgemein anerkannte Definitionen von Sozialkapital durch, etwa die Dimensionen »Bonding« oder »Bridging«, oder die Unterscheidung von »Mikro«-, »Meso«- und »Makroebene«. Inwiefern dieses neue Konzept erfolgreich sein wird, hängt wohl von seiner Nützlichkeit in der praktischen Alltagsanwendung ab. Sozialkapital kann, wie jedes Kapital, in unterschiedliche Unternehmungen und Ziele investiert werden.

Social Capital – Chances and Limits of the Methodology

The concept of »social capital« evolved, from a sociological explanation of structural change in education, economy and politics (Bourdieu, Coleman, Putnam), to a modelling and measurement technique, capable of quantifying socially binding forces in communities and networks of all sizes and types (World Bank, OECD). Two lines of research compete in this new field: on the one hand, international surveys, leading to »top-down« measures; on the other, action research studies in social units that autonomously link »bottom-up« strategies to measures. Generally accepted definitions are only slowly arising, such as the dimensions of »bonding« and »bridging«, or the distinction between »micro«, »meso« and »macro levels«. To which extent this new concept will be successful, may depend on its utility in practical everyday application. Social capital, as any capital, can be invested for different enterprises and goals.