Heft 1 / 2010: "Fremdenfeindlichkeit - eine aktuelle Bestandsaufnahme"

Christian Friesl / Katharina Renner / Renate Wieser

Abstracts

»Wir« und »die Anderen« – Einstellungen zu »Fremden« und »Fremdenfeindlichkeit« in Österreich

Unter Bezugnahme auf die Daten der »Europäischen Wertestudie – Österreichteil« (1990, 1999, 2008) und unter Berücksichtigung der Solidaritätsstudie 1994 sowie der Umfrage »Lifestyle 2009– Migration« fragt der Beitrag nach Vorkommen und Ausformung der Fremdenfeindlichkeit in Österreich während der vergangenen zwei Jahrzehnte. Sowohl fremdenfeindliche Einstellungen als auch die allgemeinen Abgrenzungstendenzen der ÖsterreicherInnen haben zum Teil stark zugenommen. Bildung und Alter, Freiheitsskepsis, moralischer Rigorismus, Autoritarismus, »politische Anomie« und individuell-materialistische Grundhaltung erweisen sich dabei als einflussreiche Faktoren. Zunehmend hängt auch der Nationalstolz mit ethnisch begründeten Ausschlusstendenzen zusammen. Diese Ergebnisse resümierend wird die »Traditionalismus-Hypothese« als eine mögliche Erklärung für die steigende Fremdenfeindlichkeit vorgeschlagen.

»Us« and »Them« – Attitudes towards Foreigners and Xenophobia in Austria

Based on data material of the »European Values Study – Austria chapter« (1990, 1999, 2008) and two other surveys (»Solidaritätsstudie 1994«, »Lifestyle 2009 – Migration«), the article considers the occurrence and various faces of xenophobia in Austria during the last two decades. It is evident that xenophobic attitudes and tendencies of separation are on the rise. Education and age, freedomscepticism, moral rigour, authoritarianism, »political anomy«, and an individually-oriented materialistic mindset represent factors that influence xenophobia in Austria. National pride tends to be increasingly connected to an ethnically-based exclusion. Reflecting on such trends and developments, the article offers »traditionalism« as one possible explanation for rising xenophobia.

Ruth Wodak / Katharina Köhler

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Wer oder was ist »fremd«? Diskurshistorische Analyse fremdenfeindlicher Rhetorik in Österreich

Konstruktionen des Fremden bedienen sich einer großen Bandbreite an sprachlichen Mustern. Der Diskurshistorische Ansatz der Kritischen Diskursanalyse verbindet die Analyse sprachlicher Äußerungen mit einer systematischen Kontextanalyse. Mit diesem Ansatz analysieren wir Beispiele aus rezenten Wahlkämpfen – zur Grazer Gemeinderatswahl 2008 und zur österreichischen Europaparlamentswahl 2009. Dabei richten wir unser Augenmerk sowohl auf verbal-sprachliche Mittel als auch auf Formen der visuellen Kommunikation, die Text und Bild kombinieren. Die Analyse der offenen und versteckten Konstruktionen von ausgrenzenden Aussagen zeigt die Präsenz fremdenfeindlicher Rhetorik nicht nur am rechten Rand des politischen Spektrums, sondern auch in der politischen Mitte auf.

Who or What is ›Foreign‹? A Discourse-Historical Analysis of Xenophobic Rhetoric in Austria

A wide variety of linguistic means is being used to construe the alien or foreign »other«. The Discourse-Historical Approach of Critical Discourse Analysis combines the in-depth analysis of linguistic utterances with a systematic analysis of their context. We apply this approach for the study of examples from recent election campaigns – the Graz municipal election 2008 and the Austrian EU election 2009. In this article we focus on linguistic as well as visual forms of communication, which combine text and images. The analysis of open and implicit constructions of excluding (segregating) statements documents the presence of xenophobic rhetoric not only on the right margins of the political spectrum, but also in the political centre.

David Reichel

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Fremdenrecht, soziale Diskriminierung und Integration – die schwierige Situation der ehemaligen »GastarbeiterInnen« und ihres Familiennachzugs

Der Beitrag untersucht, inwiefern fremdenrechtliche Regelungen und Diskriminierungserfahrungen die subjektiv wahrgenommene Integration der ehemaligen »GastarbeiterInnen« und ihres Familiennachzugs beeinflussen. Der Beitrag basiert auf Ergebnissen einer Erhebung, die 2006 durchgeführt wurde. Dafür wurden 108 MigrantInnen aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei, die seit mindestens zehn Jahren in Österreich leben und bei der Einreise zumindest zehn Jahre alt waren, schriftlich über ihre Erfahrungen mit dem österreichischen Fremdenrecht, über Diskriminierungserfahrungen sowie Integration befragt. Die Befragung zeigt, dass sich Diskriminierungserfahrungen und eine negative Einschätzung des Fremdenrechts signifikant negativ auf die subjektiv wahrgenommene Integration von MigrantInnen in Österreich auswirken. Die Einbürgerung wird von den Befragten eher als praktisches Instrument gesehen, um mehr Rechte zu erhalten.

Migration Law, Social Discrimination and Integration – the Difficult Situation of the former »Guest-Workers« and their Family Reunion

The article examines the relationship between migration law, discrimination experiences and the subjectively perceived integration of the former »guest-workers« and their family reunion in Austria. The presented analysis is based on paper-and-pencil interviews with 108 immigrants from former Yugoslavia and Turkey, conducted in 2006. These persons have stayed in Austria for at least ten years und had a minimum age of ten at the time of entry. The survey shows that discrimination experiences and a negative assessment of the Austrian migration law exercised a negative impact on the subjective (personal) perception of integration by the migrants. Naturalisation is being mainly considered as a practical tool for obtaining additional rights.

Diana Braakmann / Edith Enzenhofer

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Erleben von Angst und Bedrohung durch Fremdenfeindlichkeit – Einflussfaktoren und Bewältigungsstrategien

Ziel des vorliegenden Artikels ist es, die Bedeutung und den Einfluss fremdenfeindlicher
Erlebnisse auf das Angst- und Bedrohungserleben von MigrantInnen herauszuarbeiten. Folgende Fragestellungen sind hierbei wesentlich: In welchen Lebensbereichen und in welcher Form sind MigrantInnen mit Fremdenfeindlichkeit konfrontiert? Welche emotionale Bedeutung haben diese Erlebnisse für die Betroffenen? Den qualitativen Interviews unserer Studie zufolge stellen fremdenfeindliche Erfahrungen eine erhebliche emotionale Belastung für Menschen mit Migrationshintergrund dar. Ein besonderes Risiko, diskriminierenden Handlungen ausgesetzt zu sein, besteht bei sichtbaren oder hörbaren Zeichen von »Fremdheit«. Politische EntscheidungsträgerInnen sind gefordert, ihre Handlungsmöglichkeiten sowohl für die Beeinflussung des politischen Diskurses – inklusive der Ablehnung politischer Hetze – als auch für die Gestaltung konkreter Unterstützungsangebote zu nutzen, um dem Erleben von Angst und Bedrohung bei MigrantInnen entgegenzuwirken.

Experience of Anxiety and Threat of Xenophobia – Impact Factors and Coping Strategies

This article focuses on analysing the effects of xenophobic experiences on the perception of anxiety and threat by migrants. The main questions refer to different forms of xenophobia that migrants are confronted with and on the spheres of life where they are affected by xenophobia. Especially the emotional impact of these experiences is being investigated. According to qualitative interviews, xenophobic experiences imply a significant emotional burden for migrants. Those who possess visible or audible characteristics of »being different« are at an exceptionally high risk of being exposed to discriminating incidents. Political decision makers should take the challenge to influence the political discourse, including the refusal to engage in political agitation, and to foster structural changes for developing support services that aim at counteracting the experience of anxiety and threat in the migrant population.

Bernadette Kneidinger / Manuela Brandstätter

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Erfahrungen mit MigrantInnen – Erfahrungen von MigrantInnen. Qualitative Befunde zu persönlichen Erlebnissen und zur Wahrnehmung integrativ orientierter Medienbeiträge

Migration und Integration spielen nicht nur in Nachrichtensendungen eine wichtige Rolle, sondern werden verstärkt auch in Unterhaltungssendungen aufgegriffen. Auf Basis von Gruppendiskussionen mit MigrantInnen und InländerInnen skizziert der Beitrag zunächst persönliche Erfahrungen von ÖsterreicherInnen mit MigrantInnen bzw. von Zugewanderten mit InländerInnen. Danach wird untersucht, inwiefern mediale Darstellungen den persönlichen Erfahrungen mit bzw. von ZuwandererInnen entsprechen und wie die Aufbereitung von Migration und Integration in informativen und unterhaltenden Medienformaten wahrgenommen wird. Daraus werden Hinweise abgeleitet, welche Aspekte für die erfolgreiche Gestaltung integrativ orientierter Medienbeiträge bedacht werden sollten.

Experiences with Migrants – Experiences of Migrants. Qualitative Results of Individual Experiences and of the Perception of Integration-Oriented Media Contributions

The issue of migration and integration does not only play a decisive role in news but also in the entertaining television programs. Based on group discussions with migrants and Austrian natives, the article outlines the individual experiences of Austrians with migrants, respectively of migrants with natives. In a second step we analyse how media coverage corresponds with the individual experiences of migrants or with migrants, and how the different illustrations of migration and integration in informative and entertaining media formats are being perceived. Finally, we point out which aspects are important for a successful designing of integrative media contributions.

Barbara Liegl / Sonja Fercher

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Zehn Jahre Anti-Rassismus-Arbeit – Vergebene Chance oder zwei Schritte vorwärts und einer zurück?

Die in Wien ansässige Nichtregierungsorganisation (NGO) ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit wurde 1999 gegründet. Sie hat in den letzten zehn Jahren Anti-Rassismus-Arbeit in Österreich wesentlich mitgestaltet. Dieser Beitrag steckt ausgehend von den von ZARA gesammelten Erfahrungen als Akteur in der Anti-Rassismus-Arbeit dieses Tätigkeitsfeld ab und identifiziert seine wesentlichen zivilgesellschaftlichen und staatlichen AkteurInnen. Es wird gefragt, was Anti-Rassismus-Arbeit in Österreich bedeutet und welche Ziele sie verfolgt, wobei hier ein spezieller Fokus auf ZARA gelegt wird. Abschließend werden Veränderungen in den Schwerpunkten von Anti-Rassismus-Arbeit in den letzten zehn Jahren angesprochen und ihre Entwicklungspotenziale ausgelotet.

Ten Years of Anti-racism Work – Attempts in Vain or two Steps forward and only one back?

ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, a Vienna based anti-racism NGO, was founded in 1999. The organisation has been an actor in the field of anti-racism in Austria and has played an important role now for more than ten years. This article aims on defining the field of anti-racism work, based on the experiences gained by ZARA, and identifies the main civil society and public organisations with competences in this field. More specifically, the objectives and the status of anti-racism in Austrian society are being characterized, placing a special focus on the position of ZARA. The contribution closes by depicting changes in the focus of anti-racism work over the last ten years, also highlighting potentials for further development.