Für den betrieblichen Teil der dualen Ausbildung (etwa 70–80 Prozent der gesamten Ausbildungszeit) werden in Österreich normativ verbindliche Ausbildungsziele definiert, jedoch gibt es kaum normative Vorgaben, wie dieser erreicht werden sollten. Unter welchen Bedingungen berufliches Lernen am Lernort Betrieb stattfindet, ist in Österreich bisher wissenschaftlich kaum untersucht. Davon ausgehend ist es das Ziel des vorliegenden Beitrags, auf Basis von zwei Datenquellen und -erhebungen (Befragung von Betrieben, Befragung von Lernenden) empirisch zu untersuchen, wie berufliches Lernen in Ausbildungsbetrieben konkret organisiert wird. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das österreichische Modell der dualen Ausbildung im internationalen Vergleich v. a. durch ein beschäftigungsbezogenes Ausbildungsmodell charakterisieren lässt. Auf Basis dieser Befunde werden einzelne bildungspolitische Handlungsoptionen für die duale Ausbildung diskutiert, um die Potenziale des arbeitsintegrierten Ausbildungsmodells besser zu nutzen.
In Austria the mandatory vocational training targets are being defined for the in-company part of dual apprenticeship (about 70–80 percent of the total training period), but there are hardly any normative specifications as to how these should be achieved. The conditions, under which vocational training takes place in a company, have scarcely been scientifically investigated. Against this background the aim of this contribution is to empirically examine, and based on two data sources and surveys (survey of training companies, survey of apprentices), how vocational learning is specifically organised in training enterprises. The results show that the Austrian dual apprenticeship model is characterised primarily by an employment-related training model. According to these findings, specific eduacation policy options for dual apprenticeship training are discussed in order to make better use of the potential of the work-related model.
Aus- und Weiterbildungsangebote für international ausgebildete und zum Teil geflüchtete Lehrkräfte sind komplex und rar. Während solche Lehrkräfte bereits in ihren Herkunftsländern eine Berufsausbildung absolviert und Berufserfahrung gesammelt haben, werden diese Qualifikationen in Österreich nur zum Teil anerkannt. Geflüchtete Lehrkräfte erfahren daher zumeist einen Ausschluss vom Arbeitsmarkt und damit eine soziale Grenzziehung, obwohl sie als Akademiker*innen nach Österreich kommen. Eingebettet in internationale Forschung bearbeiten wir anhand der in Österreich einzigen Requalifizierungsmaßnahme für geflüchtete Lehrkräfte an der Universität Wien die Frage, welche Barrieren der beruflichen Anerkennung bestehen und wie sie wirken, Die Untersuchungsergebnisse auf Basis von Interviews mit 28 Lehrkräften zeigen Anerkennungsprobleme auf der formal-administrativen, der universitären und der informellen Ebene sowie auf der Ebene des /(schulischen) Arbeitsmarktes.
Educational requlification programmes for internationally trained teachers are complex and rare. While these teachers have already completed their teacher education in their home countries and collected teaching experience, these qualifications are only partly reognized in Austria, which leads to an exclusion of the laobur market and to social demarcation, even though these teachers come to Ausria as academics. Embedded in international research, the only requalification programme for teachers (with a migration background) in Austria, at the University of Vienna, is being used as an example to analyze, which barriers to professional recognition exist und which effects they have. Research results based on interviews with 28 teachers show recognition problems on the formal-administrative level, on the informal level, and on the level of schools as potential employers.
Ziel des Artikels ist es, Tarifverträge für Qualifizierung und berufliche Weiterbildung von Arbeitskräften in Deutschland darzustellen, Innovationen in diesen Vereinbarungen zu identifizieren und sie auf ihren Mehrwert, d. h. ihr Innovationspotenzial für neue kollektivvertragliche Vereinbarungen in Österreich zu untersuchen. Es werden vier innovative tarifvertragliche Vereinbarungen vorgesellt: das jährliche Qualifizierungsgespräch, Regelungen für Bildungsteilzeit in Verknüpfung mit einem Bildungskonto, Regelungen für Bildungsfreistellung bis zu sieben Jahre mit Wiedereinstellungsgarantie des Betriebes sowie die Vereinbarungen für eine gemeinsame Agentur der Sozialpartner zur Förderung der Qualifizierung und beruflichen Weiterbildung der Arbeitskräfte in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg und Aktivitäten der Agentur. Die Entwicklung steht erst am Anfang und es gibt erhebliche Umsetzungsdefizite in den Betrieben. Ähnliche Vereinbarungen der österreichischen Sozialpartner können dazu beitragen, dass österreichische Arbeitskräfte berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten stärken in Anspruch nehmen als bisher.
The aim of the article is to present the current situation of collective agreements for continuous vovactional training of employees in Germany, to identify innovations in the agreements and to assess its added value for new collective agreements in Austria. Four innovative agreements are being presented: the annual qualification check for employees, new models combining job and traning (and in combination with a training account), the possiblility for leaving the job for several years for further education and training with the company’s guarantee to return to the job within seven years, and a social partner agency in Baden-Württemberg to enhance continuous vocational training of workers in the metal and electrical industries. There is a lack of application in the companies. Similarily, social partner agrements in Austria can enhance the participation of employees in continuous vocational training.
Österreich zählt zu den Ländern mit anhaltend hoher Geschlechtersegregation im Berufsbildungssystem, gleichzeitig zeigt sich eine hohe Übereinstimmung zwischen fachspezifischen Berufsbildungsabschlüssen und Berufstätigkeit. Vor dem diesen Hintergrund wird folgende Frage untersucht: Wie interagieren das Berufsbildungssystem und die berufliche Segregation in zwei stark segregierten Bereichen des Arbeitsmarktes? Der Fokus der Analyse liegt einerseits auf den männerdominierten Bereichen Mathematik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Naturwissenschaft und Technik (MINT) und den frauendominierten Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales. Andererseits verfolgen wir das Ziel, Geschlechtersegregation auf einer konkreten inhaltlichen Ebene zu diskutieren. Unsere Analysen zeigen erstens, dass sich Bildungssegregation in hohem Ausmaß auf das Berufssystem überträgt. Die Ergebnisse zu Frauen in MINT und Männern in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales verweisen zweitens auf ein gewisses Potenzial geschlechtsuntypischen Ausbildungen und Berufe in Richtung Abbau der Segregation, zugleich aber auch auf deren Grenzen insbesondere bei Frauen in MINT: Darauf aufbauend, und mit Bezug auf bisherige Erkenntnisse der Digitalisierungsforschung, können drittens Schlussfolgerungen zum zukünftigen Potenzial von Segregationsabbau in MINT und in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales gezogen werden.
Austria is one of the countries with persistently high gender segregration in combination with a high matching of educational fields and occupations. In this context we analyze the following question: How does educational and occupational segregation interact in two highly segregated areas of the labour market? With the focus on the male-dominated fields of mathematics, information and communication technology, science and technology (STEM) on the one hand, and the female-dominated areas of education, health and social affairs (EHW) on the other, we discuss gender segregation in a specific bundle of subjects. Our analysis proves firstly that educational segregation ist heavily transmitted to the cccupational system. Secondly, the results point to the potential of gender-atypical fields for reducing segregation, but also to their limitations expecially among women in STEM: Based on findings from digitalization research, we draw conclusions on the future potential to reduce gender segregation in the fields of STEM and EHW.
Der vorliegende Artikel wirft die Frage auf, wie SozialarbeiterInnen Prekarität in ihrem Berufsfeld selbst wahrnehmen, und wie diese in Relation zur Wahrnehmung der Prekarität ihrer KlientInnen steht. Die Auswertung qualitativer Interviews mit österreichischen Sozialarbeiterinnen erfolgte im Stil der Grounded Theory. Als Ergebnis der Analyse wird eine Erweiterung des Konzepts der Prekarität um die Dimensionen der institutionellen Abhängigkeit vorgeschlagen. SozialarbeiterInnen fühlen sich hierarchisch höheren Entscheidungsstellen insofern ausgeliefert, als sie wichtige Fragen der Dauer und Lage der Arbeitszeit, der Arbeitsorganisation sowie der zunehmenden ökonomischen Kennzahlenorientierung nicht mitbestimmen können. Die fehlende Partizipation und Ohnmacht stehen im Gegensatz zur starken intrinsischen Motivation und hohen Eigenverantwortung für den Erfolg der eigenen Arbeit. Zunehmende Unsicherheiten in der Sozialen Arbeit verstärken wiederum die Prekarität der ohnehin abhängigen KlientInnen.
This article shows how social workers perceive their own occupational field and how this self-perception in related to the awarenesse of precartiy among their clients. Drawing on the methodological approach of Grounded Theory, qualitative interviews with social workers in Austria have been conducted and analyzed. As a result we suggest to extend the concept of precarity by includint the dimensions of institutional dependency. Within a hierarchical system, social workers experience various constraints in terms of time schedule, the organisation of work and the growing importance of economic figures. The lack in decision-making power is in stark contrast to the self-responsibility and to the intrinsic motivation, focusing on what is best for the clients. Increasing insecurities in the profession of social work affect the social workers as well as their clients, showing a strong interdependeny between different kinds of precarity.