Der Begriff „Algorithmic Governance“ beschreibt den Rückgriff auf digitale Regelsysteme in Regierung und Verwaltung. Während ursprünglich vorab programmierte „Wenn-dann“-Automatismen zum Einsatz kamen, bewirkten die technischen Entwicklungen der KI und des maschinellen Lernens, dass algorithmische Systeme heute zunehmend in der Lage sind, autonom zu agieren. Der Artikel untersucht die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Legitimation staatlichen Handelns. Nach den technischen Grundlagen stellt der Beitrag zunächst die Erscheinungsformen der „Algorithmic Governance“ dar, wofür ein Kategorisierungsmodell, basierend auf der zunehmenden Intelligenz und Eigenständigkeit erstellt wird, dessen Endausprägung die „AI Governance“ beschreibt. Im Folgenden werden die entsprechenden Legitimationsoptionen beleuchtet. Dabei zeigt sich, dass die demokratietheoretischen Erfordernisse der Transparenz und „Accountability“ aufgrund der Natur selbstlernender Systeme nur schwer zu erfüllen sind. Stattdessen wäre ein erweitertes Verständnis von Legitimation erforderlich. Ausgehend von klassischen Gesellschaftsvertragsmodellen werden dazu die Ansätze der Input-/Output-Legitimation und der Agency-Theorie betrachtet. Im Ergebnis zeigt sich jedoch, dass zumindest der Rückgriff auf „AI Governance“ unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten abzulehnen ist.
The term „algorithmic governance“ describes the application of digital control systems by government and administration. While originally pre-programmed „if-this, then-that“ automatismus were used, the technical developments in the field of AI and machine learning lead to an increasing ability of algorithmic systems to act autonomously. The article examines the effects of these developments on the legitimacy of state action. After the technical basics, the types of algorithmic governance are presented, for which a categorization model, based on increasing intelligence and interdependence, is created, marked by its end level of „AI governance“. The examination for the corresponding legitimation options shows that the democratic requirements of transparency and „accountability“ are difficult to fulfill due to the nature of self-learning systems. Instead, a broader underständing of legitimation and agency is necessary. Based on classical social contract models, the approaches of input-/output legitimation and agency are being considered. The result demonstrates, however, that at least the application of AI governance is to be rejected out of a consequence of democratic requirements.
Viele weiblich dominierte Dienstleistungssparten werden im Gegensatz zu männlich konnotierten Berufsfeldern nicht als „technische“ Arbeitsfelder gesehen. Dieser Artikel zeichnet jedoch ein gänzlich anderes Bild von der Arbeitsrealität der Mitarbeiter*innen im stationären Einzelhandel (eines jener unterbewerteten frauendominierten Arbeitsfelder) und auch davon, inwiefern deren Tätigkeiten stark von der Digitalisierung betroffen sind. Das zugrunde liegende feministisch-motivierte Forschungsprojekt widmet sich gezielt der Sichtbarmachung „versteckter“ technologischer Arbeit. Beruhend auf dem erhobenen empirischen Datenmaterial zeigt eine Analyse einer Reihe eingesetzter (aber oft versteckter) technologischer Arbeitsmittel die von den Mitarbeiter*innen aufgewandten Kompetenzen sowie das Ausmaß von (oft unsichtbarer) technologischer Arbeit in dieser Branche auf. Durch das Benennen von drei Versteckmechanismen versucht dieser Artikel, einen untypischen Beitrag zur Digitalisierung zu leisten, der sich dringend notwendiger Gleichstellungsfragen annimmt.
Several female-dominated service professions are seen to be less „technical“ when being compared to traditionally male occupations. The article tells a different story about the professional routines of service workers in the retail sector (one example for undervalued, low-wage female-dominated occupations), as this demonstrates the significant ways in which digitization has transformed their work practices al well. The presented study was motivated by the feminist aim to uncover their „hidden“ technological labour. Indeed, an analysis of the gathered empirical data highlights a vast range of (often hidden) high-tech working tools, the (often underrated) technical competencies that workers need to employ, as well as the substantial extent of (often invisible) technological work in this sector. Based on these findings, the article carves out three „hiding mechanisms“ and discusses potentials for intervention to enhance the status of female-dominated service professions. It thereby offers an untypical contribution to the debate around digital transformation of work, in that it adresses pressing questions of equity.
Ein Blick auf die von modernen Technologien und algorithmischen Systemen durchdrungene Arbeitswelt zeigt, dass in den letzten Jahren neue Schnittstellen zwischen menschlichen und maschinellen Aufgaben und Entscheidungen entstanden sind. Dieser Artikel diskutiert die Auswirkungen dieser Veränderungen im Bereich der digitalen Personalgewinnung vor dem Hintergrund einer diversitätsorientierten und diskriminierungsfreien Personalpolitik. Die Grundlage bildet eine qualitativ-explorative Untersuchung zur digitalen Transformation in der gegenwärtigen Recruiting-Praxis in Österreich. Der Beitrag gibt einen Überblick zu Perspektiven und potenziellen Herausforderungen im Zusammenhang mit digitalen Praktiken aus Sicht von Expert*innen aus dem Bereich der Personalgewinnung.
The examination of work environments, permeated by new technologies and algorithmic systems, reveals that new interfaces between human and machine tasks and decisions have emerged in recent years. The article discusses the implications of these changes in the field of digital recruitment by focusing on a diversity-oriented and non-discriminatory human resource management approach. Arguments are based on a qualitative exploratory study about digital transformation in current hiring practicies in Austria. The contribution gives an overview of potential challenges and of capacities associated with digital practicies from the perspective of experts in the field of hiring.
Digitalisierung hat spätestens mit der COVID-19-Pandemie in den Schulen Einzug gehalten. Doch bereits vor den pandemiebedingten Schulschließungen waren Bildungsinstitutionen Gegenstand zahlreicher Digitalisierungsformen. Der vorliegende Beitrag analysiert aus einer akteur*innenzentrierten Perspektive, wie Akteur*innen auf verschiedenen Ebenen den Umgang mit Digitalisierung rechtfertigen, den Wert des Digitalen für ihre Lebenspraxis beurteilen und damit an der Umsetzung von Digitalisierungsreformen mitwirken. Exemplarisch dargestellt werden Rechtfertigungspraxen von Lehrpersonen, Schulleiter*innen und „innovativen“ Lehrpersonen, die unter dem Begriff des „Educators“ zusammengefasst werden. Die Analyse erfolgt unter Zuhilfenahme der Soziologie der Konventionen. Der Beitrag diskutiert, wie sich institutionelle Beziehungen und Praktiken im Governance-Regime der Digitalisierung konstituieren und welche Akteur*innen die digitale Transformation auf der Ebene der Akteur*innen wie beeinflussen.
Digitalization and digitization have found their ways into schools at the latest with the COVID-19 pandemic. But even before the pandemic-related school closures, educational institutions were the subject of numerous digitization reforms. The article analyses from an actor-centred perspective how actors at different levels of the education system justify the use of digitization, assess the value of the digital for their life practices and thus participate in the implementation of digitization reforms. Exemplary justification practicies of teachers, head teachers and „innovative“ teachers, who can be summarized under the term „educreator“, are being reviewed. The analysis is carried out with the support of the sociology of conventions. The article discusses how institutional relations and practices are constituted in the governance regime of digitization, and more particularly, which actors influence the digital transformation at the actor level and how.
Der digitale Fortschritt stellt keinen Zustand dar, der final erreicht werden kann, da technologischer Fortschritt als permanenter Prozess zu verstehen ist. Das in diesem Artikel vorgestellte REDIT-Modell (Reifegradmodell der digitalen Transformation) erläutert nun anhand des Beispiels der Gesundheitssektors und ausgewählter Fallbeispiele, wie ein solcher stetiger Transformationsprozess wirkt – von einfachen digitalisierten Prozessen des sogenannten „Age of Computers“ als erster Stufe des technologischen Reifegrads über die digitale Transformation hin zu Prozessen des Age of Big Data, bis schließlich in der Digitalen Transformation 4.0 die Vernetzung intelligenter Prozesse im Age of AI erreicht werden kann.
Digital transformation is never finalized since technological progress must be understood as a permanent process. The REDIT-model (maturity degree model of digital transformation) chooses the healthcare sector and additionally different applications in the health industry, so to explain how such a continuous transformation process works – from simple first digitized processes representing the Age of Computers as the first stage of technological maturity, enhancing into the Age of Big Data, before finally entering the Age of AI through digital transformation 4.0 and the cross-connection of intelligent processes.